Sich einfach mal durchboxen

SOZIALPROJEKT

Der Sport kann Jugendlichen helfen, in ein geordnetes Leben zu finden

Manchmal ist es für Jugendliche leichter, sich am Sandsack durchzuboxen als im richtigen Leben. Doch wer regelmäßig ein Box-Training im Ausbildungscenter von Sergej Haan durchhält, der kann sich aber durchaus das Rüstzeug für den Alltag holen – sei es durch den Abbau von Aggressionen, das bessere Einschätzen der eigenen Fähigkeiten oder das Bewusstsein für die körperliche Fitness. Genau deshalb hat man sich beim Augsburger Jugendprojekt Ama Aktivity dazu entschieden, den rund 40 Schützlingen zwischen 15 und 25 Jahren zweimal pro Woche ein kostenloses, professionelles Boxtraining anzubieten.

„Wir wollen Struktur in ihr Leben bringen, in allen Bereichen“, begründet Willi Schmid das Angebot. Der stellvertretende Leiter des Jugendprojekts Ama und sein Chef Knut Wuhler möchten hierfür Vorbild sein und nehmen selbst am Training teil. Sie sehen Sport als Gemeinschaftserlebnis und vertrauensbildende Maßnahme. „Die Jugendlichen sollen ja raus aus der staatlichen Abhängigkeit und lernen, ihre eigenen Entscheidungen zu treffen“, lautet das Credo von Wuhler und Co., für das sie auch den FC Augsburg begeistern konnten. Dass der Kooperationspartner zur öffentlichen Präsentation des Boxtrainings keinen Bundesligaspieler abgestellt hatte, wie von den Organisatoren erhofft, enttäuschte die jungen Teilnehmer. Denn gerade die prominenten Fußballer wären Motivation und Antrieb für diese Jugendlichen. Schließlich sollen nicht nur Ausbildung, Jobsuche, Vorstellungsgespräche und Behördengänge auf dem Terminplan stehen. Der Sport sei ein wichtiges Element während dieser Kurssuche, sagt Schmid. „Hier können sie ihre Grenzen erfahren, auch wenn es mal wehtut oder man einen Muskelkater bekommt.“

Davon sind die Irina Kocakahya (23) und Victor Schneider (18) weit entfernt. Sie gehören zu den motiviertesten und diszipliniertesten Sportlern bei Ama. Die junge Frau, die gerade ihren qualifizierten Abschluss nachholt, hatte in Russland lange Tanzunterricht und nützt die Trainingseinheiten, „um sich auszupowern“. Ähnlich wie Victor, der den Sandsack voller Elan mit seiner rechten Geraden traktiert. Nicht ohne dabei die flinke Beinarbeit zu vergessen. Boxlehrer Sergej Haan sieht einen solchen Einsatz gern. „Mir ist es wichtig, dass die Jugendlichen die Grundschule des Boxens erlernen und sie halbwegs gut umsetzen. Über den Sport schaffen sie es dann, sich Ziele zu setzen.“

Allerdings weiß Haan auch, dass er im Projekt-Training mehr Pausen einbauen muss als bei anderen Schülern. Viele Teilnehmer sind die Anstrengung nicht gewohnt, verlieren schnell die Lust oder überschätzen sich gnadenlos. Mit denen, die zur Überheblichkeit neigen, steigen Haan und Schmid dann auch gern mal in den Boxring, wo die Grenzen abgesteckt werden können. „Der Sport eröffnet Horizonte und bietet Alternativen“, sagt Schmid.

Und ganz nebenbei könnten die Jugendlichen Kontakte zu Firmenchefs oder Ausbildungsleitern knüpfen. So ist aus einem unverbindlichen Treffen im Boxtraining schon das ein oder andere Ausbildungsverhältnis entstanden.


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